Jahreslosung 2024
Als ich das erste Mal unsere Jahreslosung gelesen habe, schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen. Waren die Sprüche in den letzten Jahren immer mit Profil, war mir dieser Satz zu glatt, zu konturlos. Dieser Spruch aus dem Brief des Paulus an die Korinther kommt schon fast platt daher, dass er als Begründung für alles und jedes herhalten kann. Und so musste ich mit diesem Vers erst einmal schwanger gehen, er musste also reifen.
Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen! steht im Brief des Paulus an die Korinther. Wunderbar. Lasst alles in der Gemeinde, lasst alles in der Gemeinschaft in Liebe geschehen. Und letztendlich ist das, was das Zusammenleben nett, viel netter macht: Wenn man in Liebe die Zeit gestaltet. Keine Sorge, ich rede nicht im Sinne der 68er-Generation, sondern geht mir um die Frage: Wie gehen wir miteinander um? Helfen wir einander? Teilen wir miteinander? Zeigen wir uns gegenseitig den nötigen Respekt?
Es ist der Lackmus-Test für eine Gesellschaft, die Frage des Umgangs und der inneren Einstellung. Wenn wir teilen, wer bekommt das größere Stück? Für mich? Oder für die Mitmenschen? Ist unser Teilen untereinander so, dass die Schere zwischen denen, die nichts bis wenig und denen, die viel bis ganz viel haben, immer noch größer wird? Werden alle satt? Auch die Schwachen und Gebrechlichen?
Wir können nicht nur das Essen teilen, wobei das besonders symbolreich durch Jesu Vorbild ist. Wir können auch Zeit teilen für ein Miteinander – gegen Hilflosigkeit, gegen die Überforderung und gegen die Einsamkeit.
Was mich immer wieder aufrüttelt, sind Nachrichten, dass Nachbarn tot in ihrer Wohnung aufgefunden wurden und die Polizei erst die Tür gewaltsam öffnet, wenn der Geruch die Menschen aufmerksam macht. Und da frage ich mich: Würde es mir auffallen, wenn meinen Nachbarn etwas passiert ist? Fällt mir auf, wenn jemand Hilfe braucht, sich aber nicht traut zu fragen? Habe ich die Antennen für den Bedarf einer Zuwendung in Nächstenliebe? Und ich kann sagen: Die Antwort ist schwierig. Extrem schwierig.
geschrieben von Jörg Mecke