Wer erkennt es? Mai 2025
Der Wonnemonat Mai hat begonnen und die Welt erstrahlt in neuem Grün. Nach der dunklen Jahreszeit genießen wir jeden einzelnen Sonnenstrahl und das Leben erscheint uns einfach. Was es ja nicht wirklich ist, wie wir alle wissen. Die Feiertage in diesem Monat beherrschen das Wahrnehmen: Tag der Arbeit, Konfirmation, Himmelfahrt. Und zum Thema Himmelfahrt kommt mir ein Lied in den Sinn. Es ist nicht mehr ganz frisch, aber immer noch aktuell. Hier der Text:
Dein eigener, persönlicher Jesus
Jemand, der deine Gebete hört
Jemand, der Anteil nimmt
Dein eigener, persönlicher Jesus
Jemand, der deine Gebete hört
Jemand, der da ist
Du fühlst dich anonym
Und bist ganz allein
Nur Fleisch und Knochen am Telefon
Nimm den Hörer ab
Ich mache dich zu einem Gläubigen
Nimm den Zweitbesten
Stell mich auf die Probe
Dinge, die du auf der Seele hast
Musst du beichten
Ich werde liefern
Du weißt, ich bin einer, der vergibt
Strecke die Hand aus und berühre den Glauben
Strecke die Hand aus und berühre den Glauben
Dein eigener, persönlicher Jesus
Jemand, der deine Gebete hört
Jemand, der Anteil nimmt
Dein eigener, persönlicher Jesus
Jemand, der deine Gebete hört
Jemand, der Anteil nimmt
Du fühlst dich anonym
Und bist ganz allein
Nur Fleisch und Knochen am Telefon
Nimm den Hörer ab
Ich mache dich zu einem Gläubigen
Ich werde liefern.
Du weißt, ich bin einer, der vergibt
Strecke die Hand aus und berühre den Glauben
Strecke die Hand aus und berühre den Glauben
Strecke die Hand aus und berühre den Glauben
Strecke die Hand aus und berühre den Glauben
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: ich zweifle daran, dass es um einen echten Aufruf geht. Mein eigener, persönlicher Jesus? Kennt man die Geschichten aus der Bibel über Jesus, kann das eigentlich nicht sein. Jesus ist nicht für einen Menschen persönlich da, Jesus ist für alle Menschen gestorben und war immer für alle da. Worum handelt es sich hier also?
Ich denke, es geht um eine Sekte oder ähnliches. Ein Mensch, der sich aus Raffgier als Jesus ausgibt, der die Schwächen der Menschen ausnutzt. Du fühlst dich allein – ruf an, ich hör dir zu. Du fühlst dich schlecht – ruf an, ich mache, dass du dich besser fühlst. „Dein eigener, persönlicher Jesus
Jemand, der deine Gebete hört
Jemand, der Anteil nimmt“
Ob das Telefongespräch selbst den Gewinn gibt oder es weiter geht, das gesamte eigene Geld eingesammelt wird, weiß ich natürlich nicht. Aber dass es nicht echt ist, dass hier jemand mich versucht, das kann ich erkennen.
Es ist eine Versuchung, ein einfacher Weg, um eine Last, eine Bedrängnis loszuwerden. Wenn wir einmal träumen, dann wäre so eine direkte Standleitung zu Jesus oder besser noch Gott doch grandios. Man wäre nicht allein, könnte seine Sorgen und Bedürfnisse teilen und wäre an Leib und vor allem in der Seele gesund. Hat man Fragen oder Zweifel, werden diese direkt beantwortet. Großartig wäre das schon, oder?
Und jetzt möchte ich mich korrigieren, denn: es ist großartig! Denn diese Leitung existiert schon. In echt und ohne Geldschneiderei. Wir nehmen diese nur oft genug nicht wahr.
Wir haben den Monat Mai. In diesem Monat gibt es wieder einen Feiertag, mit dem viele Menschen nicht viel anfangen können: Himmelfahrt. Und doch ist dies der Feiertag, der die genannte Verbindung von uns zu Gott und Jesus installiert hat. Jesus ist zu seinem Vater in den Himmel zurückgekehrt und ist damit eine Verbindung von den Menschen zu Gott.
Gut, die Verständigung ist nicht ganz so einfach, wie es sie bei einem Telefongespräch ist. Wie bei einem alten Radio muss man die richtige Frequenz suchen und man muss empfangsbereit sein. Wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, dann hat man die Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen.
Oft genug ist die Verbindung gestört, allerdings stets von Seiten des Menschen. Zweifel, Ängste, schwierige Situationen führen dazu, dass die Empfangsbereitschaft gestört ist. Der Alltag bringt einen dazu, nicht empfangsbereit zu sein und Gottes Nähe nicht zu spüren, nicht wahrnehmen zu können.
Das ist doch etwas, an dem man bewusst arbeiten kann. Die Verbindung zu Gott bewusst aufzubauen, zu spüren und Kraft zu tanken, Mut zu spüren, sich nicht allein zu fühlen.
Und? Wer hat es erkannt? Es ist das Lied „Personal Jesus“ von der englischen Elektromusikband Depeche Mode. Es erschien 1989 als Single und erreichte Platz 13 der britischen Singlecharts und Platz 28 der US Billboard Hot 100. In Deutschland ist „Personal Jesus“ einer der Songs der Band mit der längsten Chartplatzierung und war für 23 Wochen in den westdeutschen Singlecharts .
Das Lied wurde von zahlreichen Künstlern gecovert, darunter Johnny Cash, Marilyn Manson, Def Leppard, Iggy Pop und Mindless Self Indulgence.
Im Netz habe ich dazu folgendes gefunden: „Der Song ist eine Persiflage auf das vor allem in England und den USA verbreitete Business der Fernsehprediger, die schnelle Vergebung und Erlösung per Telefonhotline versprechen. Die Fernsehpfaffen behaupten, einen direkten Draht zu Gott zu haben - eben genau wie auch Jesus. Doch diese Art der Telefonseelsorge basiert nicht auf Nächstenliebe – die Hotlines kosten Geld! Viele dieser Scheinheiligen werden mit diesem Geschäftsmodell zu Millionären.
Zur Veröffentlichung des Songs erlauben sich Depeche Mode einen kleinen Gag: Sie schalten in verschiedenen Zeitungen Anzeigen mit folgendem Text: "Your own Personal Jesus.", darunter nur eine Telefonnummer. Doch wer diese Nummer anruft, landet nicht auf einer kostenpflichtigen Predigerhotline, sondern hört den Song.“ https://www.80s80s.de/musik/songinfos/depeche-mode-personal-jesus
Und: „Der Track basiert laut Songwriter Martin Gore auf dem Konzept, dass Menschen dazu neigen, sich eine Art „persönlichen Retter“ zu erschaffen. Jemanden, dem sie ihre Hoffnungen, Ängste und ihr Vertrauen anvertrauen. Gore wurde dabei von Priscilla Presleys Buch „Elvis and Me“ inspiriert, in dem sie beschreibt, wie Elvis für sie eine Art spiritueller Führer war – ihr persönlicher Jesus.“ https://www.musikexpress.de/songanalyse-wovon-handelt-personal-jesus-von-depeche-mode-2926117/
Im Buch „Highway to Heaven“ steht zu diesem Lied folgendes: „In Deutschland haben die großen Kirchen die Telefonseelsorge aufgebaut. Unter der bundesweit gültigen kostenfreien Telefonnummer 0800 111 0 111 finden Rat suchende Menschen offene Ohren und Hilfe bei ausgebildeten Seelsorgerinnen und Seelsorgern. Dabei können Anrufende ihre volle Anonymität wahren. Die Angebote mancher Teleevangelisten, die im US-amerikanischen Raum noch immer gegen Spenden himmlischen Zuspruch versprechen, sind dagegen unseriös. Sie wirken wie die moderne Wiederauflage des Ablasswesens des 16. Jahrhunderts, als Menschen dazu gebracht wurden, sich von göttlichen Sündenstrafen freizukaufen. Der Reformator Martin Luther setzte damals seine Botschaft von der bedingungslosen und vor allem nicht käuflichen Liebe und Gnade Gottes dagegen und wetterte gegen die Geldscheffler, die sich an den Ängsten der Menschen bereicherten. Fast 500 Jahre später kämpft Luthers Namensbruder Martin Gore mit seinem Song gegen ähnlichen Namensmißbrauch.“
Ich wünsche uns allen offene Augen und Ohren, um zu erkennen, wenn es jemanden nicht um unser Heil und unsere Seele geht, sondern nur um unser Geld. Und ich wünsche uns allen, dass wir immer öfter die richtige Frequenz finden und empfangsbereit sind.
geschrieben von Kirsten Gutleben